Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt oder die Ärztin von dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standard (sogenannter Facharztstandard) abgewichen ist. Wichtig: Der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin schuldet keinen Heilerfolg, d.h. er/sie muss Sie nicht „gesund machen“, aber sich fachgerecht darum bemühen.
Lassen Sie sich eine Kopie Ihrer Patientenakte anfertigen. Hierzu ist Ihr Arzt bzw. Ihre Ärztin grundsätzlich verpflichtet.
Fertigen Sie ein Gedächtnisprotokoll über den Behandlungsverlauf an. Beschreiben Sie darin, was wann wo passiert ist.
Notieren Sie sich - wenn möglich - Namen von Zeugen. z.B. von ärztlichem und nichtärztlichem Personal oder Bettnachbarn und Bettnachbarinnen. Bei Letzteren sollten Sie neben dem Namen auch die Anschrift erfragen.
Sie können sich an Ihre (gesetzliche) Krankenkasse oder an eine Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle wenden, um ein Begutachtungsverfahren in die Wege zu leiten.
Sie können ein ärztliches Gespräch suchen. Ein solches Gespräch macht insbesondere Sinn, wenn sich aus einem ärztlichen Fehler weitere Behandlungserfordernisse ergeben.
Erkennt der Arzt oder die Ärztin Umstände, die auf einen Behandlungsfehler hindeuten, muss er oder sie Sie darüber informieren, wenn Sie nachfragen.
Wenn der Arzt oder die Ärztin einen Fehler nicht eingesteht, kann das enttäuschend sein. Es führt aber nicht zu rechtlichen Nachteilen für Sie als Patient oder Patientin. Das Arztgespräch ersetzt in der Regel ohnehin nicht den Fehlernachweis durch ein medizinisches Gutachten. Schäden durch Behandlungsfehler werden von Berufshaftpflichtversicherungen reguliert. Insofern ist der Arzt bzw. die Ärztin oder die Klinik versicherungsvertraglich gebunden. Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass Ärzte eher Zurückhaltung beim Eingeständnis eigener Fehler üben.
Für die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches müssen grundsätzlich Sie als Patient oder Patientin beweisen, dass durch einen Behandlungsfehler des Arztes oder der Ärztin ein Gesundheitsschaden bei Ihnen verursacht wurde. Dies ist in der Regel (nur) durch ein medizinisches Gutachten nachweisbar.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein medizinisches Gutachten einzuholen.
1. Über die (gesetzliche) Krankenkasse
Wenn Sie gesetzlich krankenversichert sind, können Sie sich mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen. Die Krankenkassen sollen ihre Versicherten bei der Klärung eines Behandlungsfehlerverdachts unterstützen. Voraussetzung ist, dass die Krankenkasse mindestens teilweise die streitige Behandlung bezahlt hat.
In der Regel beauftragt die Krankenkasse hierfür den Medizinischen Dienst (MD), damit dieser ein Gutachten im Hinblick auf den Behandlungsfehlervorwurf erstellt. Die Überprüfung erfolgt anhand Ihrer Patientenakte. Das Verfahren ist für Sie als Patient oder Patientin kostenfrei und nicht von der Zustimmung des behandelnden Arztes, der behandelnden Ärztin oder des Krankenhauses abhängig.
2. Über Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern
Ein medizinisches Gutachten erhalten Sie auch bei einer Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle. Diese sind bei der jeweiligen Ärztekammer angesiedelt. Zuständig ist die Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle bei der Ärztekammer, in deren Bezirk sich die Praxis oder das Krankenhaus befinden. Sie finden genaue Informationen auf der Internetseite der jeweiligen Ärztekammer.
Das Verfahren ist für Sie in der Regel kostenfrei. Sie können es ohne anwaltliche Vertretung durchführen. Der Sachverhalt wird anhand Ihrer Patientenunterlagen und des Vorbringens der Beteiligten überprüft. Die Teilnahme an dem Verfahren ist freiwillig, das heißt es kann nur mit Zustimmung aller Beteiligten, also auch des Arztes bzw. der Ärztin oder der Klinik sowie deren Haftpflichtversicherung, durchgeführt werden.
Die beschriebenen Gutachten sind nicht rechtsverbindlich. Weder Sie noch der Arzt bzw. die Ärztin oder das Krankenhaus oder deren Haftpflichtversicherung müssen das Ergebnis des Gutachtens akzeptieren. Wenn das Gutachten den Behandlungsfehler bestätigt, können Sie versuchen, sich außergerichtlich mit dem Arzt, der Ärztin oder dem Krankenhaus bzw. deren Haftpflichtversicherung zu einigen. Scheitert der Einigungsversuch, können Sie eine Klage vor dem zuständigen Zivilgericht erheben. Die Möglichkeit der Klage besteht auch dann, wenn das Gutachten den Behandlungsfehler verneint.
Sie können Ihren vermuteten Behandlungsfehler auch vor Gericht geltend machen. Wenn Sie um Beträge bis einschließlich 5.000 Euro streiten, ist ein Amtsgericht zuständig, bei höheren Streitwerten ein Landgericht. Vor dem Landgericht müssen Sie sich anwaltlich vertreten lassen. Hier ist es sinnvoll, dass Sie einen Fachanwalt bzw. eine Fachanwältin für Medizinrecht (Tätigkeitsschwerpunkt Arzthaftungsrecht) beauftragen.
Bei Gericht müssen in der Regel Sie als klagende Partei den Behandlungsfehler und dessen Folgen vortragen und, wenn Ihr Gegner dies bestreitet, auch beweisen können. Wenn Sie einen entsprechenden Beweisantrag stellen, kann das Gericht ein medizinisches Prozessgutachten einholen. Die Gutachten der Krankenkasse oder der Gutachterkommission bzw. Schlichtungsstelle müssen vom Gericht nicht ohne Weiteres als Beweismittel akzeptiert werden.
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt am Ende des Jahres, in dem Sie Kenntnis von der möglichen fehlerhaften Behandlung hatten oder grob fahrlässig nicht hatten. Grob fahrlässig heißt: Sie haben etwas nicht beachtet, was in dieser Situation jedem hätte einleuchten müssen.
Beispiel: Sie wurden am 1.11.2020 behandelt, entdecken den Behandlungsfehler aber erst am 1.5.2021. Die Frist beginnt mit Ablauf des 31.12.2021, der Anspruch verjährt am 31.12.2024.
Übrigens: Während eines außergerichtlichen Gutachter- oder Schlichtungsverfahrens bei der Ärztekammer können Ihre Ansprüche nicht verjähren. ACHTUNG: Das Begutachtungsverfahren bei der Krankenkasse hat keinen Einfluss auf die Verjährungsfrist.
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