Sie müssen tatsächlich einen Schaden erlitten haben, für den Sie finanziell entschädigt werden möchten. Der Gesundheitsschaden muss durch einen Behandlungsfehler verursacht worden sein, den der Arzt oder die Ärztin zu vertreten hat. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt oder die Ärztin von dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standard abgewichen ist. Hierbei ist zu beachten, dass der Arzt oder die Ärztin dem Patienten oder der Patientin grundsätzlich keinen Heilerfolg schuldet, sondern das fachgerechte Bemühen um diesen Erfolg. Der Behandlungsfehler kann zum Beispiel ein Befunderhebungsfehler, ein Diagnosefehler oder ein Therapiefehler sein.
Sofern Sie vor einem ärztlichen Eingriff nicht ordnungsgemäß von einem Arzt oder einer Ärztin aufgeklärt worden sind, kann sich daraus ebenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz ergeben.
Grundsätzlich müssen Sie als Patient oder Patientin nachweisen, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und dass dieser ursächlich für den bei Ihnen eingetretenen Schaden ist. Ausnahmen:
a) Es liegt ein grober Behandlungsfehler vor.
b) Der Arzt oder die Ärztin hat Sie nicht oder fehlerhaft aufgeklärt.
a) Grober Behandlungsfehler
Grob ist ein Behandlungsfehler, wenn
Beispiel: Ein Augenarzt stellt eine Verschlechterung der Sehfähigkeit von 60 Prozent auf 30 Prozent fest. Trotzdem geht er der Ursache nicht nach und betrachtet den Sehnerv nicht.
Bei einem groben Behandlungsfehler wird vermutet, dass der Fehler den Schaden direkt verursacht hat. Den Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden müssen Sie daher nicht nachweisen. Sie müssen aber weiterhin beweisen, dass der Arzt oder die Ärztin einen Fehler gemacht hat und Sie einen Schaden erlitten haben.
b) Fehlerhafte Aufklärung
Beim Aufklärungsfehler muss der Arzt oder die Ärztin beweisen, dass er oder sie Sie ausreichend aufgeklärt und Ihre Einwilligung eingeholt hat. Allerdings müssen Sie in dem Fall plausibel darlegen, dass Sie sich bei einer korrekt erfolgten Aufklärung gegen den Eingriff entschieden hätten. Details zur Aufklärung lesen Sie hier.
Ob ein Behandlungsfehler vorliegt, muss aus medizinischer Sicht beurteilt werden. Der Nachweis wird daher in der Regel durch ein medizinisches Gutachten geführt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein solches Gutachten einzuholen.
Da Grundlage der Begutachtung in der Regel Ihre Patientenakte ist, können Sie diese vor der Einleitung weiterer Schritte einsehen beziehungsweise sich Kopien diese anfertigen lassen. Weitere Informationen zur Patientenakte lesen Sie hier.
Ansprüche auf Schadensersatz aus Aufklärungs- oder Behandlungsfehlern verjähren grundsätzlich nach drei Jahren. Der Lauf dieser Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem Sie Kenntnis von der möglichen fehlerhaften Behandlung hatten oder grob fahrlässig nicht hatten. Grob fahrlässig heißt: Sie haben etwas nicht beachtet, was in dieser Situation jedem hätte einleuchten müssen.
Beispiel: Ihr Arzt oder Ihre Ärztin behandelt Sie im Dezember 2020. Im Januar 2021 entdecken Sie den Behandlungsfehler. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres 2021 und endet mit Ablauf des Jahres 2024.
Das Gesetz sieht verschiedene Möglichkeiten der Hemmung, also eines Pausierens, der Verjährung vor. So kann zum Beispiel durch einen Antrag bei einer Schlichtungsstelle die Verjährung gehemmt werden. Auch das Einreichen einer Klage hemmt die Verjährung.
a) Außergerichtliche Einigung
Mithilfe der oben genannten Gutachten können Sie den Versuch einer außergerichtlichen Einigung unternehmen. Hierzu müssten Sie in Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung des betroffenen Arztes oder der Ärztin beziehungsweise des Krankenhauses treten. Allerdings ist die Versicherung nicht an das Ergebnis des Gutachtens gebunden.
Sie können einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beauftragen. Er oder sie kann Sie beraten und bei den Verhandlungen mit dem Versicherer vertreten. Wenn Sie eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen haben, können Sie bei dieser vorab anfragen, ob und inwieweit die anwaltlichen Kosten übernommen werden.
Wenn keine Rechtsschutzversicherung die Kosten trägt, gibt es in den meisten Bundesländern die sogenannte Beratungshilfe. Das ist eine staatliche Leistung, welche die außergerichtlichen Anwaltskosten abdecken soll. Sie selbst tragen einen Eigenanteil in Höhe von 15 Euro. Die Beratungshilfe können Sie beim für Sie zuständigen Amtsgericht beantragen. Voraussetzung ist, dass Ihr Einkommen und Vermögen bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse müssen Sie daher bei der Beantragung offenlegen.
b) Klage vor Gericht
Wenn Sie sich mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beziehungsweise deren Haftpflichtversicherung nicht einigen können, bleibt Ihnen der Weg einer Klage vor Gericht.
Je nach Höhe des Streitwerts wird Ihr Fall dann vor dem Amtsgericht (bis 5.000 Euro) oder vor dem Landgericht (höher als 5.000 Euro) verhandelt. Vor dem Landgericht besteht Anwaltszwang, das bedeutet, dort müssen Sie sich von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin vertreten lassen.
Tipp: Kümmern Sie sich um Zeugenaussagen von Pflegekräften, Sprechstundenhilfen, ärztlichem Personal, Bettnachbarn und Bettnachbarinnen, Angehörigen – und jenen, die Sie im Krankenhaus besucht haben. Auch ein Gedächtnisprotokoll kann von großem Nutzen sein.
Auch das Gericht kann zur Klärung des Sachverhaltes ein Gutachten in Auftrag geben. Sofern Ihnen bereits ein (positives) Gutachten des MD oder einer Gutachter- oder Schlichtungsstelle vorliegt, können Sie dieses in den Prozess mit einbringen. Diese Gutachten sind allerdings nicht bindend für das Gericht. Sie werden jedoch bei der Beweiswürdigung berücksichtigt.
In einem gerichtlichen Verfahren können u.a. Anwaltskosten, Gerichtskosten und Kosten eines Sachverständigen beziehungsweise Gutachterkosten entstehen.
Üblicherweise muss die klagende Partei – also Sie als Patient oder Patientin - einen Vorschuss auf die Gerichtskosten leisten. Soweit Sie beweisbelastet sind, müssen Sie auch auf die entstehenden Gutachterkosten einen Vorschuss leisten. Auch ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin verlangt in der Regel eine Vorschusszahlung.
Entscheidet das Gericht durch ein Urteil, wird auch darüber entschieden, wer die Prozesskosten in welchem Umfang tragen muss. Soweit der Prozess zu Ihren Gunsten ausgeht, trägt in der Regel der oder die Beklagte die Kosten und muss diese erstatten. Einigen Sie sich durch einen Vergleich, kann über die Aufteilung der Kosten eine Vereinbarung getroffen werden.
In Deutschland gibt es die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe (PKH). Diese können Menschen in Anspruch nehmen, deren wirtschaftliche Situation es ihnen nicht oder nur teilweise erlaubt, Prozess- und Anwaltskosten selbst zu tragen. Die anfallenden Kosten übernimmt die Landeskasse.
Hierfür müssen Sie vor Prozessbeginn einen Antrag stellen, und zwar bei dem Gericht, das den Streitfall verhandelt. In einem Schnellverfahren werden Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geprüft. Außerdem wird untersucht, ob der angestrebte Prozess Aussicht auf Erfolg hat. Soweit Ihre Einkommensverhältnisse es zulassen, kann das Gericht anordnen, dass Sie die Kosten in monatlichen Raten an die Landeskasse zurückzahlen müssen.
Achtung: Wenn das Gericht die PKH zwar bewilligt, Sie den Prozess aber verlieren, müssen Sie die Anwaltskosten der Gegenpartei tragen. Die PKH beinhaltet nur die Gerichtskosten und die Kosten für Ihren Anwalt oder Ihre Anwältin.
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