Ein Hypophysentumor ist eine Geschwulst in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Die meisten Tumore der Hypophyse betreffen den Hypophysenvorderlappen und sind gutartig. Über diese Tumore, die Hypophysenadenome, informiert der folgende Text. Hypophysenadenome treten vor allem bei Erwachsenen, seltener bei Kindern auf.
Die genaue Ursache für ihre Entstehung ist unklar. Ein Teil der Hypophysenadenome tritt im Rahmen einer erblichen Erkrankung auf, dem sogenannten MEN-1-Syndrom (multiple endokrine Neoplasie). Bei dieser Erkrankung kommt es aufgrund von genetischer Veranlagung gehäuft zu Tumoren in hormonproduzierenden Organen.
Die Hirnanhangsdrüse ist eine etwa kirschkerngroße Ausstülpung an der Unterseite des Gehirns. Sie besteht aus 2 Teilen, dem Vorderlappen und dem Hinterlappen. Die beiden Lappen sind unterschiedlich aufgebaut und haben unterschiedliche Funktionen.
Der Hypophysenvorderlappen ist eine Drüse, die 6 verschiedene Hormone produziert. Hierzu gehören:
Hypophysentumoren können sehr unterschiedliche Krankheitszeichen hervorrufen. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere:
Hypophysenadenome können den Hormonhaushalt stören, wenn der Tumor Hormone produziert. Ob und welche Hormone ein Tumor produziert, hängt davon ab, aus welchen Zellen er hervorgegangen ist. Darüber hinaus können Hypophysentumoren Symptome verursachen, wenn sie umliegendes Gewebe verdrängen und in seiner Funktion beeinträchtigen. Dann können sie zum Beispiel die normale Hormonproduktion des Hypophysenvorderlappens beeinträchtigen und zu einem Mangel an bestimmten Hormonen führen. Die meist schleichende Abnahme der verschiedenen, von der Hypophyse produzierten Hormone führt dabei zunächst zu allgemeinen Symptomen wie Abgeschlagenheit und Schwächegefühl, Kreislaufstörungen, Störungen von Libido und Sexualfunktionen.
Direkt neben der Hypophyse verläuft die Sehbahn. Wenn ein Hypophysentumor auf die Sehbahn drückt, kann es zu Sehstörungen und Gesichtsfeldausfällen kommen. Ein Hypophysentumor kann sich, wie jeder andere Tumor im Schädelinneren auch, durch Kopfschmerzen oder epileptische Anfälle bemerkbar machen.
Viele Hypophysenadenome produzieren selbst Hormone, man nennt diese auch hormonaktive Tumoren. Die von einem Tumor produzierten Hormone unterliegen nicht der Steuerung über den normalen Hormonkreislauf und können zu einer Hormonüberproduktion führen. Je nachdem, welches Hormon produziert wird, treten dabei unterschiedliche Symptome auf.
Prolaktin-produzierende Tumoren
Die häufigsten hormonproduzierenden Tumore der Hypophyse sind Prolaktin-produzierende Tumoren, sogenannte Prolaktinome. Prolaktinome können bei Frauen zu Menstruationsstörungen und Milchfluss aus der Brust führen. Bei Männern treten vor allem Sexualstörungen und manchmal auch eine Vergrößerung der Brust oder Milchfluss auf.
STH-bildende Tumoren
STH ist ein Wachstumshormon. Kinder, die an STH-bildenden Hypophysentumoren erkranken, werden sehr groß. Bei Erwachsenen mit einem STH-bildenden Hypophysenadenom vergrößern sich lediglich bestimmte Körperteile wie Finger, Zehen, Hände, Füße, Nase, Ohren und Kinn (Akromegalie).
ACTH-bildende Tumoren
Die Überproduktion von ACTH regt die Nebennieren an, Kortisol zu bilden und auszuschütten. Zu viel Kortisol führt zum sogenannten Cushing-Syndrom, das sich mit einer Fettumverteilung (Stammfettsucht), Muskelschwäche, Bluthochdruck, erhöhten Blutzuckerwerten, Osteoporose und Depressionen äußern kann. Außerdem kann bei Frauen eine verstärkte, dem männlichen Typ entsprechende Körperbehaarung (Hirsutismus) entstehen.
TSH-bildende Tumoren
Die seltenen Tumoren der Hirnanhangdrüse, die einen Überschuss an TSH verursachen, äußern sich durch eine Überfunktion der Schilddrüse. Diese macht sich zum Beispiel durch übermäßiges Schwitzen, Unruhe und Gewichtsabnahme bemerkbar.
Gonadotropin-bildende Tumoren
Tumoren, die FSH oder LH bilden, sind ebenfalls selten.
Sie können zum Beispiel zu einer vorzeitigen Pubertät bei Kindern führen.
Der Arzt oder die Ärztin fragt zunächst nach Symptomen und Beschwerden, nach eventuellen Grunderkrankungen oder einer Medikamenteneinnahme (Anamnese). Dann erfolgt eine körperliche Untersuchung.
Die Hypophyse und die umgebenden knöchernen Strukturen können durch radiologische Untersuchungen dargestellt werden, zum Beispiel mit einem CT oder MRT. Mithilfe von verschiedenen Sehprüfungen kann festgestellt werden, ob Sehstörungen vorliegen.
Durch Blutuntersuchungen können Hormonkonzentrationen im Blut bestimmt werden. Mit sogenannten Funktionstests überprüft der Arzt oder die Ärztin die Funktion des Hypophysenvorderlappen. Dafür bekommt der Patient oder die Patientin bestimmte Hormone verabreicht. Anschließend wird gemessen, ob und wie der Körper darauf reagiert.
Die Behandlung eines Hypophysentumors richtet sich nach der Art und Größe des Tumors. Bei kleinen Tumoren beziehungsweise denjenigen mit geringer Hormonproduktion muss in manchen Fällen keine Therapie durchgeführt werden. Der Arzt oder die Ärztin beobachtet in regelmäßigen Abständen ein mögliches Wachstum oder Veränderungen, in der Regel durch eine Kontrolle mittels MRT. In anderen Fällen kann eine Behandlung mit Medikamenten, eine Operation oder Bestrahlung erforderlich sein.
Ein Prolaktinom kann häufig medikamentös behandelt werden. Dabei kommen Medikamente zum Einsatz, die die übermäßige Prolaktin-Produktion bremsen. Diese Medikamente nennt man Dopaminagonisten. Bei vielen Patienten und Patientinnen ist diese Therapie erfolgreich und ausreichend.
Bei anderen Hypophysentumoren spielt die medikamentöse Therapie nur eine untergeordnete Rolle.
Manche Hypophysentumoren müssen operativ entfernt werden. Dies kann zum Beispiel erforderlich sein, wenn ein Hypophysentumor angrenzendes Gewebe schädigt oder die medikamentöse Behandlung unwirksam ist. Die Chirurgen und Chirurginnen verwenden dabei im Wesentlichen 2 operative Verfahren: die transsphenoidale und die transkranielle Operation.
Bei der transsphenoidalen Operation wird der Tumor durch die Nase beziehungsweise die Nasennebenhöhlen entfernt. Dabei muss lediglich ein kleiner Schnitt im Nasenbereich gemacht werden. Die Operation wird mithilfe von speziellen Spiegeln und endoskopischen Instrumenten durchgeführt.
Bei großen Tumoren ist es hingegen notwendig, das Schädeldach zu öffnen. Die Öffnung ist in der Regel klein.
Neben allgemeinen Operationskomplikationen wie Blutungen, Infektionen und erhöhter Blutgerinnsel-Gefahr (Thrombose-Gefahr) bergen diese Eingriffe am Gehirn das Risiko von Verletzungen der Hirnanhangdrüse. Dabei kann es zu einem kompletten Ausfall des Organs kommen. Auch vorübergehende oder bleibende Schäden des Nervensystems (zum Beispiel Lähmungen) können auftreten.
Manchmal wird ein Hypophysentumor bei einer Bildgebung des Kopfes zufällig festgestellt, ohne dass der Patient oder die Patientin Symptome bemerkt hat. In diesen Fällen untersuchen die Ärzte und Ärztinnen in der Regel zunächst, ob es eine Überproduktion oder Unterfunktion von Hormonen gibt. Wenn relevante Hormonstörungen vorliegen oder der Tumor zum Beispiel das Sehvermögen beeinträchtigt, kann eine chirurgische Entfernung des Tumors sinnvoll sein. Meistens ist das allerdings nicht erforderlich. Dann reicht es, regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen, zum Beispiel mit MRT-Untersuchungen und gegebenenfalls Hormonbestimmungen.
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Patientenleitlinie „Diagnostik und Therapie klinisch hormoninaktiver Hypophysentumoren"; Erstveröffentlichung 12/2019
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