Der Begriff Hirntumor (auch Gehirntumor) wird in der Regel für alle Tumoren verwendet, die im Schädelinneren wachsen. Diese können von verschiedenen dort vorkommenden Zelltypen ausgehen: zum Beispiel von den Nervenzellen, den Zellen der Hirnhäute, den Stützzellen oder auch von Drüsenzellen der Hirnanhangsdrüse. Häufig treten im Gehirn auch Absiedelungen (Metastasen) von bösartigen Tumoren in anderen Organen auf. Die Ursachen für die Entstehung von Hirntumoren sind weitestgehend unbekannt.
Hirntumoren können gutartig oder bösartig sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Einteilung von Hirntumoren in vier Grade entwickelt. Dabei werden unter anderem die Wachstumsgeschwindigkeit, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens nach Behandlung (Rezidivneigung) und der typische Krankheitsverlauf berücksichtigt:
Diese Unterscheidung ist wichtig hinsichtlich der Therapie, dem zu erwartenden Verlauf und dem Behandlungserfolg.
Die Einteilung in verschiedene Hirntumorarten erfolgt darüber hinaus nach dem Zelltyp, aus dem der Tumor hervorgegangen ist (WHO-Klassifikation der Hirntumoren). Häufig entstehen Gehirntumoren aus den Stützzellen des Gehirns, der sogenannten Glia. Tumoren aus diesen Zelltypen werden als Gliome bezeichnet und in weitere Untergruppen unterteilt. Tumoren können aber auch aus vielen anderen Zelltypen hervorgehen. Formen von Hirntumoren sind zum Beispiel:
Astrozytom: Astrozytome gehören zu den Gliomen, sie entstehen aus bestimmten Stützzellen des Hirngewebes, den Astrozyten. Astrozytome können in allen vier WHO-Graden auftreten.
Glioblastom: Glioblastome gehören ebenfalls zu den Gliomen. Das Glioblastom ist ein bösartiger Tumor und dem WHO-Grad IV zugeordnet.
Oligodendrogliom: Oligodendrogliome entstehen ebenfalls aus bestimmten Gliazellen, den Oligodendrozyten. Sie kommen in unterschiedlichen WHO-Graden vor.
Ependymom: Ependymome entwickeln sich aus der Wand der Gehirnkammern. Auch sie können in unterschiedlichen WHO-Graden auftreten.
Medulloblastom: Das Medulloblastom ist eine der häufigsten Tumorarten im Kindesalter und tritt im Kleinhirn auf. Es geht aus unreifen Zellen des kindlichen Gehirns hervor. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen. Das Medulloblastom ist bösartig (Grad IV).
Meningeom: Meningeome entwickeln sich aus Zellen der Gehirnhäute. Die Tumoren sind meist gutartig (WHO Grad I) und wachsen langsam. Häufig werden sie als Zufallsbefund bei aus anderen Gründen durchgeführten Untersuchungen entdeckt. Es gibt aber auch Meningeome mit den WHO-Graden II oder III.
Neurinom: Neurinome entstehen aus den sogenannten Schwann-Zellen, die die Markscheiden der Hirn- und Rückenmarksnerven bilden. Die korrektere Bezeichnung ist daher der Begriff Schwannom, der Begriff Neurinom ist aber gängig. Neurinome sind ebenfalls gutartige Tumoren, die meist dem WHO Grad I entsprechen.
Lymphom: Lymphome gehen von Zellen des Immunsystems, den Lymphozyten, aus. Der Begriff Lymphom ist eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl unterschiedlicher Tumorarten, die in verschiedenen Körperregionen vorkommen können. Lymphome im Gehirn (ZNS-Lymphome) können dort neu entstehen oder Absiedelungen von Lymphomen aus anderen Körperregionen sein. Sie werden keinem WHO-Grad zugeordnet. ZNS-Lymphome betreffen gehäuft Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Gehirnmetastasen: Tumoren in anderen Geweben können im Gehirn Metastasen bilden. Manchmal fällt eine Tumorerkrankung erst durch Gehirnmetastasen auf, die dann zur Diagnose des Primärtumors führt.
Die ersten Anzeichen eines Hirntumors können vielfältig sein. Sie sind davon abhängig, in welcher Gehirnregion der Tumor sitzt, wie schnell er wächst und welche Größe er hat.
Langsam wachsende Hirntumoren wie Meningeome können sich über Monate bis Jahre entwickeln und keine oder nur wenige Beschwerden verursachen. Andere Tumoren hingegen, wie die bösartigen und rasch wachsenden Glioblastome, machen sich schnell bemerkbar.
Die Symptome von Hirntumoren werden durch einen erhöhten Hirndruck und durch Schädigung oder Verdrängung von umliegendem Hirngewebe ausgelöst. Da das Gehirn von dem festen Schädelknochen umgeben ist, führt auch ein gutartiger Tumor ab einer bestimmten Größe zu einer Erhöhung des Hirndrucks. Dies kann unter anderem zu Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen oder auch zu Bewusstseinsstörungen führen.
Kopfschmerzen sind ein Symptom, das bei Hirntumoren häufig auftritt. Umgekehrt hat nur ein sehr kleiner Teil der Menschen mit Kopfschmerzen einen Hirntumor, sehr viel häufiger stecken harmlose Ursachen hinter den Beschwerden. Kopfschmerzen bei Hirntumoren treten typischerweise nachts oder in den frühen Morgenstunden auf und bessern sich im Laufe des Tages. Sie nehmen in der Regel über Tage oder Wochen kontinuierlich zu.
Je nachdem, wo der Tumor wächst und welche Gehirnstrukturen er schädigt, können zum Beispiel Sprachstörungen, Sehstörungen, Taubheitsgefühle, Lähmungserscheinungen oder Schwierigkeiten bei der Koordination von Bewegungen auftreten. Zudem können Veränderungen im Verhalten und im Wesen wie Gereiztheit, Vergesslichkeit oder Antriebslosigkeit durch ein Tumorwachstum bedingt sein.
Häufig sind auch epileptische Anfälle das erste Symptom eines Hirntumors. Beim erstmaligen Auftreten eines epileptischen Anfalls insbesondere im Erwachsenenalter sollte daher immer ein Hirntumor als Ursache ausgeschlossen werden.
Am Anfang der Diagnostik steht das Gespräch, in dem Betroffene dem Arzt oder der Ärztin ihre Beschwerden schildern (Anamnese). Darüber hinaus erfolgt eine körperliche Untersuchung. Der Arzt oder die Ärztin überprüft unter anderem Kraft, Koordination, Gefühlswahrnehmung und die Reflexe. Mithilfe eines Augenspiegels (Ophthalmoskop) wird gegebenenfalls der Augenhintergrund untersucht, um festzustellen, ob Anzeichen für einen erhöhten Druck im Gehirn vorliegen.
Eine wichtige Rolle für die Diagnostik von Hirntumoren spielen bildgebende Verfahren, mit denen Veränderungen im Hirngewebe dargestellt werden können, insbesondere die Magnetresonanztomografie (MRT). In manchen Fällen ist zusätzlich eine Computertomografie (CT) notwendig, mit der insbesondere knöcherne Strukturen beurteilt werden können, zum Beispiel eine Beteiligung des Schädelknochens. Um die genaue Lage des Hirntumors und der Blutgefäße im Gehirn bestimmen zu können, kann unter Umständen zusätzlich eine Magnetresonanzangiografie (MRA) durchgeführt werden. Gegebenenfalls werden CT oder MRT zusammen mit einer Positronenemissionstomografie (PET) vorgenommen. Dabei wird eine markierte Substanz (in der Regel Aminosäuren, die radioaktiv markiert werden) gespritzt, mit deren Hilfe der Stoffwechsel der Körperzellen dargestellt werden kann.
Die sichere Diagnose eines Hirntumors und eine genaue Zuordnung der Tumorart ist durch die Bildgebung nicht möglich; hierfür ist die Untersuchung einer Gewebeprobe erforderlich. Häufig erfolgt diese Untersuchung im Rahmen einer Operation, bei der der Tumor entfernt wird. Manchmal wird aber auch vorab eine Gehirnbiopsie durch ein kleines Loch entnommen, das in den Schädel gebohrt wird (stereotaktische Biopsie), zum Beispiel, wenn der Tumor für eine Operation sehr ungünstig liegt.
Bei Vorliegen von neurologischen Symptomen, die möglicherweise auf einen Hirntumor hindeuten, oder bei einem Verdacht auf einen Hirntumor ist der Facharzt oder die Fachärztin für Neurologie die geeignete Anlaufstelle. Wird die Diagnose eines Hirntumors gestellt, erfolgt die weitere Behandlung in der Regel durch die Neurochirurgie und gegebenenfalls durch weitere Fachdisziplinen.
Die Deutsche Krebsgesellschaft e.V. zertifiziert Zentren, die sich auf Gehirntumoren und auf andere Tumoren des Nervensystems spezialisiert haben (neuroonkologische Tumorzentren), nach festgelegten Qualitätskriterien.
Die Behandlung eines Hirntumors richtet sich nach dessen Art und seiner Bösartigkeit. Nicht immer ist sofort eine Behandlung erforderlich – ein zufällig festgestelltes Meningeom kann zum Beispiel bei Beschwerdefreiheit unter Umständen belassen und beobachtet werden.
Grundsätzlich stehen drei Behandlungsansätze zur Verfügung: die Operation, die Strahlentherapie und die medikamentöse Therapie. Bei gutartigen Tumoren ist häufig eine operative Entfernung ausreichend, durch die oft eine komplette Heilung erzielt werden kann. Auch bei bösartigen Tumoren wird der Tumor in der Regel zunächst durch eine Operation entfernt oder verkleinert. Häufig schließen sich dann Strahlen- oder Chemotherapie an. Manche Tumoren sind aufgrund ihrer Art, Lage oder Größe für eine Operation nicht geeignet, dann kommen gegebenenfalls direkt Strahlentherapie oder eine medikamentöse Therapie zur Anwendung. Bei der medikamentösen Therapie werden vor allem sogenannte Zytostatika eingesetzt. Für einige Tumorarten gibt es auch Behandlungsmöglichkeiten mit Immuntherapien oder sogenannten zielgerichteten Medikamenten, die auf ganz bestimmte Eigenschaften der Krebszellen zielen. Darüber hinaus können bei Bedarf die durch den Hirntumor verursachten Symptome behandelt werden, zum Beispiel durch Medikamente gegen epileptische Anfälle oder Schmerzmedikamente.
Eine besondere Form der Strahlentherapie ist das sogenannte Gamma-Knife-Verfahren: Bei diesem werden Hirntumore statt mit chirurgischen Instrumenten mit sehr stark gebündelten Röntgenstrahlen „herausgeschnitten“ (Radiochirurgie oder Strahlenchirurgie). Die Strahlen können einen vorher genau berechneten Punkt im Gehirn erreichen. Dabei wird das umliegende Gewebe weitgehend geschont und der Schädel muss nicht geöffnet werden; die Behandlung erfolgt nur in einer einzigen Sitzung. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen die Anwendung von Teilchenbeschleunigern und das Cyber-Knife-Verfahren. Diese Verfahren kommen jedoch nicht für alle Tumoren infrage.
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