Jeder Mensch ist ab und an unglücklich und lustlos. Und jeder Mensch war wohl auch schon einmal niedergeschlagen oder sogar verzweifelt. Solche Phasen gehören zum Leben dazu, und normalerweise gehen sie nach einer Weile vorüber. Bei Menschen mit einer Depression ist das anders. Traurige Gefühle und negative Gedanken dauern bei ihnen länger an und überschatten all ihr Handeln und Denken. Depressionen können auch ohne auslösendes Ereignis oder erkennbaren Grund auftreten. Betroffene fühlen sich oft, als ob sie in einem tiefen Loch festsitzen. Sie erleben sich als freudlos und antriebsarm, leiden unter starken Selbstzweifeln und empfinden sich als wertlos. Alltagsaktivitäten, Arbeit oder Lernen fallen schwer; Freunde, Familie und Hobbys werden vernachlässigt. Sie schlafen schlecht.
Eine Depression kann auch im Familien- und Freundeskreis zu Sorgen, Ängsten und Hilflosigkeit führen: Man möchte sehr gern helfen, weiß aber nicht wie. Für Angehörige ist es oft schwierig zu erkennen, ob es sich um eine vorübergehende Traurigkeit handelt oder eine ernstzunehmende Erkrankung.
Menschen mit einer Depression fallen über mehrere Wochen oder Monate in ein emotionales Tief, aus dem sie oft keinen Ausweg sehen. Eine Depression kann unterschiedlich erlebt werden:
Viele Betroffene haben Schlafstörungen. Besonders bei älteren Menschen äußern sich Depressionen auch durch körperliche Symptome wie Gewichtsverlust oder unerklärliche Schmerzen.
Depressionen können nicht nur mit Mattigkeit, sondern auch mit erhöhter Erregbarkeit einhergehen. So kommt es bei der bipolaren Depression (manisch-depressive Erkrankung) neben depressiven auch zu euphorischen Phasen, in denen der Bezug zur Wirklichkeit verlorengehen kann.
Wie Depressionen entstehen, ist bisher nicht genau bekannt. Man geht davon aus, dass biologische Vorgänge, psychische Faktoren, die persönliche Situation und besondere Ereignisse im Leben dabei zusammenwirken. Hier einige Beispiele dafür, was Depressionen begünstigen und ihren Verlauf beeinflussen kann:
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen: Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung (Dysthymie). Frauen sind häufiger betroffen als Männer, ältere Menschen öfter als junge.
Depressionen verlaufen unterschiedlich: Bei einigen Menschen klingt eine depressive Episode nach einigen Wochen oder Monaten – zum Teil auch ohne Behandlung – wieder ab und kehrt nicht zurück. Nach etwa 3 bis 6 Monaten spürt etwa die Hälfte der Menschen, die wegen einer Depression behandelt werden, eine deutliche Verbesserung ihrer Beschwerden.
Bei vielen wechseln sich depressive Episoden regelmäßig mit beschwerdefreien Phasen ab. Andere sind über lange Zeit mal stärker, mal weniger stark depressiv und einige haben anhaltende Beschwerden. Halten sie länger als zwei Jahre an, spricht man von einer chronischen Depression.
Wenn eine Depression innerhalb von sechs Monaten nach dem Abklingen der Symptome erneut auftritt, wird dies als Rückfall (Rezidiv) bezeichnet. Kommt es erst nach mehr als sechs Monaten oder auch Jahre später zu einer weiteren Episode, spricht man von einer wiederkehrenden Depression.
Eine Depression bewirkt, dass sich Menschen anders fühlen und verhalten als vor der Erkrankung. Häufig geben sie sich selbst die Schuld für ihren Zustand und werden von Selbstzweifeln geplagt. Sie berichten von Gefühlen, die sie nicht mehr kontrollieren oder bewältigen können. Es können auch Gedanken an Selbsttötung aufkommen. Meistens bleibt es bei den Gedanken, aber leider nicht immer.
Viele ziehen sich zurück, meiden soziale Kontakte und gehen kaum noch aus dem Haus. Es kann zu Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch kommen. All das kann dazu führen, dass die Depression anhält und die Beschwerden immer stärker werden. Einen solchen Teufelskreis zu durchbrechen, ist oft nur durch Hilfe von außen möglich.
Viele Betroffene sind so schwer depressiv erkrankt, dass sie von sich aus nicht mehr die Kraft aufbringen, um Hilfe zu suchen. Dann ist es wichtig, dass Angehörige ihre Unterstützung anbieten und zum Beispiel bei einem ersten Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt dabei sind.
Um herauszufinden, ob jemand an einer Depression erkrankt ist, gehen ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten in zwei Schritten vor: Zum einen fragen sie nach Beschwerden, die auf eine Depression hinweisen können. Zum anderen versuchen sie, andere Erkrankungen oder Probleme auszuschließen, die ähnliche Beschwerden verursachen. Dafür können auch körperliche Untersuchungen durch die Ärztin oder den Arzt nötig sein.
Bei den typischen Merkmalen für eine Depression wird zwischen Haupt- und Nebensymptomen unterschieden.
Die Hauptsymptome sind:
Als Nebensymptome gelten:
Wenn mehrere Haupt- und Nebensymptome über zwei Wochen oder länger anhalten, wird eine Depression festgestellt. Zur Diagnose werden oft bestimmte Fragebögen eingesetzt, die nach typischen Beschwerden fragen. Je nach Anzahl, Art und Stärke der Symptome unterscheiden Fachleute zwischen leichten, mittelschweren und schweren Depressionen. Nach dieser Einteilung richtet sich die Behandlung.
Belastende Erfahrungen wie Verlusterlebnisse oder chronischer Stress können zur Entstehung einer Depression beitragen. Bestimmte negative Einflüsse zu vermeiden oder einen anderen Umgang damit zu erlernen, kann das Risiko für eine Depression senken. Das kann besonders für Kinder und Jugendliche wichtig sein.
Eine große Rolle spielt zudem das soziale Umfeld. Menschen mit stabilen Bindungen erkranken seltener an Depressionen. Um einer Depression vorzubeugen, können sich frühzeitige psychologische Hilfen oder Beratungsangebote eignen. Für Menschen mit einem erhöhten Risiko für wiederholte Depressionen kommt eine schützende Langzeitbehandlung mit Medikamenten infrage, um Rückfälle zu vermeiden. Andere machen über längere Zeit eine ambulante Psychotherapie.
Bei Depressionen stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die wichtigsten sind eine Psychotherapie wie etwa die kognitive Verhaltenstherapie und / oder eine Behandlung mit Medikamenten. Welche Therapieform die richtige ist, wo sie am besten stattfindet und wie lange die Behandlung dauert, hängt unter anderem von der Schwere der Erkrankung, der persönlichen Lebenssituation und davon ab, wie sich die Beschwerden entwickeln. Mit der Therapeutin oder dem Therapeuten können die Vor- und Nachteile der möglichen Behandlungen, aber auch die Erwartungen und Befürchtungen gegenüber einer Therapie besprochen werden.
Menschen mit einer Depression fällt es schwer, ihren Alltag zu bewältigen. Arbeitsanforderungen zu erfüllen, privaten Verpflichtungen nachzugehen und selbst kleine Aufgaben im Haushalt zu erledigen, kann unendlich mühsam werden. Oft verändert sich der Umgang mit Partnern, Angehörigen und Freunden. Sie sind durch die Depression ebenfalls meist sehr belastet. Emotionaler Rückzug und Teilnahmslosigkeit können zu Streit und weiterem Rückzug führen.
Dennoch: Bei seelischen Problemen oder Erkrankungen wenden sich viele Menschen zunächst an Partner, Angehörige oder Freunde. Diese bemerken die depressiven Symptome und Veränderungen oft als Erste. Ihr Trost und ihre Unterstützung sind für Menschen mit Depressionen besonders wichtig. Bei schweren Depressionen brauchen aber auch Partner und Angehörige Unterstützung. Neben einer ärztlichen oder psychologischen Unterstützung können Selbsthilfegruppen eine Möglichkeit sein.
Besonders wichtig wird die aktive Hilfe und Unterstützung, wenn es Anzeichen dafür gibt, dass sich jemand das Leben nehmen könnte. Es ist enorm wichtig, solche Anzeichen ernst zu nehmen und mit anderen darüber zu sprechen. Ist dies in einer akuten Situation nicht möglich, gibt es Angebote wie den Sozialpsychiatrischen Dienst, Krisenzentren oder die Telefonseelsorge, bei denen man Hilfe erhalten kann – notfalls auch anonym und rund um die Uhr.
Für die meisten Menschen, die sich bei seelischen Problemen oder Erkrankungen fachliche Beratung und Hilfe holen möchten, ist die Hausärztin oder der Hausarzt die erste Anlaufstelle. Man kann sich aber auch direkt an eine psychologische Beratungsstelle, eine psychotherapeutische oder psychiatrische Praxis wenden. In Notfällen, etwa bei akuter Suizidgefahr, stehen psychiatrisch-psychotherapeutische Praxen mit Notfalldienst oder die Notfallambulanzen der psychiatrisch-psychotherapeutischen Krankenhäuser zur Verfügung.
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Behandlung von depressiven Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Evidenz- und konsensbasierte Leitlinie (S3). AWMF-Registernr.: 048-023. 07.2013.
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