Die Basedow-Krankheit ist die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenüberfunktion. Die Ursache ist eine Fehlregulation des Immunsystems: Der Körper bildet Antikörper, die die Schilddrüse zu viele Hormone bilden lassen. Dadurch läuft der Stoffwechsel auf Hochtouren und viele Abläufe im Körper werden unnötig beschleunigt, zum Beispiel der Herzschlag.
Durch die gesteigerte Hormonbildung kommt es zu den typischen Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion:
Da die Antikörper manchmal auch die Schilddrüsenfunktion blockieren, kann es selten auch zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommen.
Bei der Basedow-Krankheit ist die Schilddrüse oft erkennbar vergrößert und der Hals geschwollen (Struma, umgangssprachlich: Kropf). Bei einem Teil der Fälle kommt es zu Augenbeschwerden mit Fremdkörpergefühl, Augenbrennen, vermehrtem Tränenfluss und unscharfem Sehen. Bei starken entzündlichen Veränderungen des Gewebes hinter den Augäpfeln, auch endokrine Orbitopathie genannt, treten diese typischerweise vor – manchmal so stark, dass die Lider das Auge weniger verdecken und das Augenweiß um die gesamte Regenbogenhaut (Iris) sichtbar wird. Durch das Hervortreten der Augen und durch eine Verdickung der Augenmuskeln kann es zu Sehstörungen (zum Beispiel Sehen von Doppelbildern) kommen. Selten führt die Basedow-Krankheit auch zu Schwellungen am Unterschenkel oder verdickten Händen und Füßen.
vorgetretene Augäpfel bei der Basedow-Krankheit
Die Ursache der Basedow-Krankheit ist eine Autoimmunreaktion: Das eigene Abwehrsystem bildet Antikörper, die sich an die Schilddrüsenzellen anheften. Die Zellen werden dadurch angeregt, sich zu vermehren und mehr Hormone ans Blut abzugeben als nötig. In der Folge geraten die Körperfunktionen, die von Schilddrüsenhormonen gesteuert werden, aus dem Gleichgewicht.
Warum es zu der Erkrankung kommt, ist nicht genau geklärt. Weil sie unter Verwandten gehäuft auftritt, spielen vererbbare Ursachen wahrscheinlich eine Rolle. Außerdem erhöht Rauchen die Wahrscheinlichkeit zu erkranken und gilt als ein Risikofaktor für einen schwereren Verlauf.
Die Basedow-Krankheit ist der häufigste Grund für eine Schilddrüsenüberfunktion, vor allem bei Frauen: Etwa 30 von 1000 Frauen bekommen im Laufe ihres Lebens die Basedow-Krankheit, aber nur etwa 5 von 1000 Männern. Meist tritt die Erkrankung zwischen dem 30. und 60. Lebensjahr auf, seltener bei Kindern oder in höherem Alter.
Bleibt eine Basedow-Krankheit unbehandelt, steigt das Risiko für typische Spätfolgen einer Schilddrüsenüberfunktion. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Vorhofflimmern oder häufige Knochenbrüche durch Osteoporose.
Selten kommt es zu einer schweren Entgleisung des Schilddrüsenhormon-Haushalts, einer sogenannten thyreotoxischen Krise. Hohes Fieber, Erbrechen, Unruhe und Angstzustände sind Warnzeichen. Betroffene müssen rasch im Krankenhaus versorgt werden, weil Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen, Bewusstlosigkeit und Kreislaufversagen möglich sind. Auslöser dieser Komplikation können zum Beispiel jodhaltige Substanzen oder extremer Stress sein.
An ein ausführliches Arztgespräch und eine allgemeine körperliche Untersuchung schließt sich meist eine Tastuntersuchung der Schilddrüse an. Die Ärztin oder der Arzt kann dabei fühlen, ob das Organ vergrößert ist. Per Ultraschalluntersuchung wird das Schilddrüsengewebe dann oft genauer untersucht.
Blutuntersuchungen bestätigen die Diagnose in der Regel: Sie zeigen, ob die Schilddrüse zu viele Hormone bildet und ob Antikörper dafür verantwortlich sind.
Selten geht eine Basedow-Krankheit von selbst wieder zurück. Meist wird die Schilddrüsenüberfunktion aber für 1 bis 1,5 Jahre mit Tabletten gebremst, den sogenannten Thyreostatika. Anfangs kann bei Herzrasen oder Herzrhythmusstörungen zusätzlich ein Betablocker eingenommen werden.
Die Schilddrüsenüberfunktion kann sich durch die Thyreostatika-Einnahme normalisieren. Bei etwa der Hälfte der Personen steigt trotz ausreichend langer Behandlung nach dem Absetzen der Tabletten der Hormonspiegel wieder. Dann kann es sinnvoll sein, die Schilddrüse operativ zu entfernen oder mit Radiojod zu behandeln. Bei der Radiojodtherapie nimmt man radioaktives Jod ein, das sich in die Schilddrüse einlagert und die überaktiven Zellen zerstört. Bei der Zerstörung der Zellen werden vermehrt Antigene frei, was die Autoimmunreaktion zunächst verstärken kann. Möglicherweise können dadurch die Augenprobleme zunehmen oder sogar erst entstehen. Eine begleitende Behandlung mit Kortison kann das meist verhindern. Letztlich führen sowohl die Operation als auch die Radiojodtherapie dazu, dass die Schilddrüsenfunktion dauerhaft ausfällt. Dann müssen die Schilddrüsenhormone als Tabletten eingenommen werden.
Um die Augenbeschwerden zu lindern, werden oft auch Tabletten oder Infusionen mit Kortison eingesetzt. Eine Bestrahlung ist ebenfalls möglich. Manchmal wird durch einen chirurgischen Eingriff Platz in der Augenhöhle geschaffen – zum Beispiel, indem etwas Knochengewebe entfernt wird.
Die Hausarztpraxis ist meist die erste Anlaufstelle, wenn man krank ist oder bei einem Gesundheitsproblem ärztlichen Rat braucht. Wir informieren darüber, wie man die richtige Praxis findet, wie man sich am besten auf den Arztbesuch vorbereitet und was dabei wichtig ist.
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